Akteneinsicht im Strafprozess

Akteneinsicht im Strafprozess

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Akteneinsicht im Strafprozess

Warum ist Akteneinsicht so wichtig?

Akteneinsicht spielt eine bedeutende Rolle bei der Strafverteidigung. Durch sie erlangen der Verteidiger und sein Mandant einen objektiven Überblick über den Ermittlungsstand. Anders als z.B. in den USA werden in Deutschland nicht vor jeder Hauptverhandlung alle Beweismittel durch die Justiz offengelegt, sondern der Beteiligte bzw. sein Verteidiger muss sich durch Anforderung der Akte im Vorfeld selbständig über die Ermittlungen informieren. Dies ist wichtig, damit die Verteidigung bei der Verhandlung denselben Kenntnisstand besitzt wie die anderen Parteien der Verhandlung und somit eine effektivere und planbarere Verteidigungsstrategie möglich ist.

Ein objektiver Kenntnisstand über die Ermittlungen ist auch wichtig, da der Verteidiger andernfalls den Fall nur aus der Sicht des Mandanten kennen würde. Die Parteien eines Rechtsstreits sind häufig sehr emotional und subjektiv, daher ist es für eine professionelle Verteidigung unabdingbar, den Fall im Vorfeld von allen Seiten zu beleuchten, um den Sachverhalt einschätzen zu können.

Die Akteneinsicht ist also das Instrument, das angewandt wird, damit der Beteiligte und sein Verteidiger wissen, was dem Beschuldigten genau vorgeworfen wird und warum. Es dient somit dem rechtsstaatlichen Grundsatz der „Waffengleichheit“ vor Gericht und schützt Angeklagte und andere Beteiligte eines Prozesses vor der Willkür der staatlichen Gewalt.

Wer entscheidet über Akteneinsicht?

Ein Fall lässt sich in zwei Abschnitte gliedern: Zunächst sammelt die Polizei im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens Beweise und versucht, den Sachverhalt allumfassend offenzulegen. Zu diesem Zeitpunkt besitzt die Staatsanwaltschaft die Hoheit über die Akte und entscheidet über eine mögliche Herausgabe an den Verteidiger. Sind die Ermittlungen abgeschlossen und entscheidet sich die Staatsanwaltschaft für eine Anklage, so ist ab diesem Zeitpunkt das Gericht bzw. der vorsitzende Richter für die Strafakte und deren Herausgabe zuständig.

Die Hoheit über die Akteneinsicht birgt großes Konfliktpotenzial, da letztlich sie darüber entscheidet, wie umfassend sich die Verteidigung auf den Prozess vorbereiten kann, und sie somit erheblichen Einfluss auf den Verhandlungsverlauf und den Erfolg der Verteidigung nimmt. Ein Missbrauch der Aktenhoheit durch den Richter oder die Staatsanwaltschaft beeinflusst den Prozess weitreichend und darf nicht geschehen.

Spätestens ab dem Zeitpunkt der Anklageerhebung hat der Strafverteidiger ein Recht auf die gleichen Informationen wie sie der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zur Verfügung stehen. Zu jedem Stand des Verfahrens muss dem Anwalt Einsicht in die Vernehmungsprotokolle des Beschuldigten, Gutachten von Sachverständigen und Untersuchungshandlungen, denen der Verteidiger hätte beiwohnen dürfen, gewährt werden.

Berechtigter Personenkreis

Nur ein kleiner Kreis an Personen darf Akteneinsicht im Strafverfahren erlangen: Der unverteidigte Beschuldigte (§ 147 Abs. 4 Satz 1 StPO) bzw. der Verteidiger des Beschuldigten (§147 Abs. 1 StPO) sind berechtigt, die Akte einzusehen, sowie Opfer von Straftaten, wenn ihr Anwalt über eine Nebenklage Einsicht verlangt (§406e StPO).

Wird dem Verteidiger Einsicht in die Akte gewährt, so kann er sie entweder in der Dienststelle der Staatsanwaltschaft bzw. der Polizei einsehen oder sie wird ihm in die Kanzleiräume geschickt. Dort hat er einige Tage Zeit, Kopien und Scans (auch für den Mandaten) anzufertigen, bevor er sie zurück zum Gericht bringen muss. Der Mandant erhält über seinen Verteidiger Einsicht in die Akte.

Inhalt der Strafakten

In einer Ermittlungsakte wird das vollständige Beweismaterial gesammelt: Schriftstücke, Vernehmungsprotokolle des Beschuldigten und der Zeugen, handschriftliche Vermerke und Aktenvermerke von Polizeibeamten sowie Einschätzungen und Kommentare der beteiligten Parteien. Auch Fotografien, Videos und Tonaufnahmen können Teil einer Ermittlungsakte sein.

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